Als der Neue in die Klasse kommt, sind die Erwartungen an ihn groß. Und das, obwohl er der Kleinste ist in der Klasse der Kleinwagen, in deren Spitzengruppe sich seit Jahren der Polo behauptet. Dass der neue Wolfsburger sich durchbeißen und freundlich Zähne zeigen kann, lässt bereits sein Name erahnen: Wolf sollte der Kleine heißen, auf Lateinisch allerdings, und so startet 1998 selbstbewusst der Lupo durch.
Und der zeigte schnell, dass viel in ihm steckt. Klein, kompakt, sparsam und vielseitig. Der VW Lupo ist das perfekte Auto für Platzsparer und Spritsparer, ist beliebt bei Fahranfängern und Autoerstbesitzern, gibt sich auch gern sportlich und mischt sogar im Motorsport mit. Der hochbegabte Kleinstwagen bricht schon in jungen Jahren Rekorde. Und mit seinem Happy Face ist der Lupo vom Start weg ein absolut sympathisches Auto. Eines, das auch 25 Jahre später nichts von seinem Sympathiefaktor eingebüßt hat.
„Mit besonderem Pfiff“
Mit dem neuen Familienmitglied betritt Volkswagen erstmals das Segment der Kleinstwagen. Mit nur 3,527 Metern Außenlänge ist der Lupo auf den ersten Blick ein äußerst kompaktes und übersichtliches Fahrzeug – das dennoch genug Platz und ein großzügiges Raumgefühl im Innern bietet. Je nach Ausstattung finden vier oder fünf Personen genug Bewegungsfreiheit.
Der damalige Volkswagen Chefdesigner Hartmut Warkuß hat ein genaues Bild vom neuen Kleinen unterhalb des VW Polo und will „etwas Knuffiges, Sympathisches“. Die Front zeigt ein freundliches Volkswagen Gesicht, und Warkuß ist es zu verdanken, dass der kleine Wolf so charmant aus großen runden Augen blickt. Passend zur Zielgruppe setzt sich der unverwechselbare Auftritt des Lupo auch im Interieur fort: „Dort sorgen die pfiffig gestalteten Instrumente und die farbenfrohen Bezüge für ein besonderes Ambiente, das sich insbesondere an jüngere und jung gebliebene, anspruchsvolle Kunden richtet“, wie die Pressemappe vom September 1998 betont. „Besonderen Pfiff“ beweisen die Armaturen des Lupo mit silber hinterlegtem Kombi-Instrument mit großer Beschriftung und blauer Durchlichttechnik. Sie verbinden klassische Designelemente mit der Moderne.
Bei den inneren Werten setzt der Lupo in seiner Klasse Zeichen. Als erster kleiner Volkswagen verfügt der Lupo über eine vollverzinkte Karosserie. Insassensicherheit spielt eine große Rolle, Fahrer- und Beifahrer-Airbags sind beispielsweise serienmäßig. Zum Start stehen drei sparsame Motorisierungsstufen zur Wahl mit 37 kW (50 PS), 44 kW (60 PS) und 55 kW (75 PS).
Drei Liter müssen reichen
Von der Fachpresse gibt es viel Lob. Vor allem für den ab 1999 angebotenen Lupo 3L TDI, eines der bis dahin innovativsten Fahrzeuge im Volkswagen Programm. Und das völlig zu Recht: Im Spritspar-Leistungskurs der hohen Ingenieursschule ist der Kleine Klassenbester. Beim Normverbrauch bleibt er unter der Drei-Liter-Marke: 2,99 Liter Diesel auf 100 Kilometer – als erstes Serienauto der Welt. „Ab heute ist morgen“ titelt entsprechend der Volkswagen Verkaufsprospekt 1999.
Der Spar-Zwerg unterscheidet sich in einem Großteil seiner Bauteile vom Großserien-Lupo. Der Lupo 3L hat beispielsweise einen neu entwickelten 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbodiesel, verknüpft mit einer speziellen Getriebesteuerung, die neben einer Start-Stopp-Funktion auch das „Segeln“ ermöglicht, ein freilaufartiges Rollen, aktivierbar über die Eco-Taste in der Mittelkonsole. Mit intelligentem Leichtbau und einem wohlgewählten Materialmix wie extradünnen Spezialglasscheiben oder ultraleichten Aluminium-Legierungen bei vielen Karosserie- und Anbauteilen wird das Gesamtgewicht beträchtlich verringert. Aerodynamisch geglättete Formgebung und schlaue Spritsparlösungen wie das lang ausgelegte, automatisierte Schaltgetriebe (ASG) unterstützen den Lupo dabei, auf Anhieb alle Verbrauchsrekorde zu brechen. Und bei einer Rekordfahrt im Jahr 2000 beweist der sparsame Wolf sogar, dass er um die Welt fahren kann – und dabei durchschnittlich nur 2,38 Liter auf 100 Kilometer nippt.
Der Klassenbeste ist auch gut im Sport
Der Lupo als intelligenter, spaßfreier Strebertyp? Mitnichten! Mit seinem Happy Face lächelt er zwar glückselig wie der Klassenprimus, der gerade wieder mal eine Eins mit Sternchen eingeheimst hat. Doch der kleine Wolfsburger ist auch gut im Sport – ein echter Sprintertyp. Allen voran das Performance-Modell Lupo GTI, das im Jahr 2000 auf den Markt kommt. Der kleinste GTI von Volkswagen benötigt für den Spurt von null auf 100 km/h nur 8,3 Sekunden und wird bis zu 205 km/h schnell.
Leichtbau wird auch beim Lupo GTI großgeschrieben und reduziert dessen Leergewicht auf 1.015 Kilogramm. Der 1,6-Liter-16-V-Benziner leistet 92 kW (125 PS). Er ist dem Performance-Modell des Polo entliehen, auf dessen verkürzter Plattform der Lupo steht. Macht unterm Strich ein Leistungsgewicht von 8,1 Kilogramm/PS. Ein Wert, der dem Namenspatron des kleinen Perfomance-Riesen, dem legendären Golf I GTI, in fast nichts nachsteht.
Kein Wunder, dass die Fachpresse dem Lupo GTI ein exzellentes Zeugnis ausstellt: „Der Vierventiler reagiert spontan auf Druck von rechts und frisst sich gierig durch die Drehzahlen“, berichtet das Magazin „Auto Bild“ im Frühjahr 2001. „Die automatische Verstellung der Einlassnockenwelle sorgt dabei für geschmeidigen Drehmomentverlauf, der bei 3.000 Touren in 152 Nm gipfelt. Innen verwöhnen fesselnde Sportsitze und feine Anmutung“, notieren die Tester. „So klein und schnell ist sonst keiner“, resümieren ihre Kollegen von „Auto, Motor und Sport“.
Sportdress an und ab auf die Rennstrecke
Früh bringt sich der Lupo in die Pole-Position. Rennsport als Werbung und leidenschaftliches Aushängeschild für neue Serienmodelle und neue Technologien – mit sogenannten Markenpokalen setzt Volkswagen auch im Motorsport erfolgreich neue Impulse, erstmals 1976 mit dem Scirocco. 1998 wird der ADAC Volkswagen Touring Junior Cup ins Leben gerufen, die Wolfsburger Marke richtet die Rennserie mit dem brandneuen Lupo als Rennfahrzeug aus. Die wiederbelebte Markenpokalsparte gibt jungen Talenten die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen und sich kostengünstig im Motorsport zu etablieren. Zum ersten Mal können nun auch 17-Jährige – vor Erreichen des Führerscheinalters – mit einem Tourenwagen Rennsport betreiben. Ein neues Konzept mit zentralem Fahrzeugeinsatz sowie dem Tausch der Autos unter den Fahrern garantiert größte Chancengleichheit. Auch das Thema Sicherheit wird im Nachwuchs-Cup stets großgeschrieben. Bereits zu Beginn der Rennserie verfügt der Lupo über einen stabilen Überrollkäfig, eine Feuerlöschanlage und Renngurte. Sein Debüt gibt der Motorsport-Lupo im April 1998 im Rahmen der DTM in Hockenheim. Mit dem Lupo Cup gelingt Volkswagen ein spektakulärer Auftritt – denn den Lupo gibt es erst rund ein halbes Jahr nach Start der Rennserie beim Händler zu kaufen. Ab 1999 heißt die Tourenwagen-Schule von Volkswagen dann ADAC Volkswagen Lupo Cup. Die kleinen Sport-Wölfe laufen hier bis 2003.
Bye-bye trotz Bestnoten
Doch auch Bestnoten in den Fächern „Sport“, „Wirtschaftlichkeit“ und „Innenraumdesign“ sowie etliche Auszeichnungen – darunter die Wahl zum „vernünftigsten Auto“ des Jahres 2001 und der Sieg im Spritspar-Wettbewerb eines renommierten britischen Automagazins – können das Ende seiner Modellkarriere nicht aufhalten. Nach exakt 487.856 gebauten Fahrzeugen läuft 2005 die Produktion des VW Lupo aus.
Aufgrund seiner niedrigen Unterhaltskosten und seiner überaus günstigen Steuereinstufung, besonders in der 3L-TDI-Version, ist der Lupo als Gebrauchtwagen auch heute ein begehrter Youngtimer.
Nach Wolf kommt Fuchs: Auf den kleinen Wolf folgt der eher konventionell konstruierte Sparfuchs namens Fox, entwickelt von Volkswagen do Brasil. Der eigentliche Nachfahre des kleinen Lupo kommt aber einige Jahre später auf den Markt und der Lupo trägt dessen Namen bereits in sich – der Volkswagen up!, der erfolgreiche Kleinstwagen startet 2011.